Im Ortsteil Dorf von Schönwalde-Glien liegt mitten im Grünen das Landgut Schönwalde (www.daslandgut.de). Inge Schwenger und ihr Team haben in den vergangenen Jahren viel Geld, Zeit und Arbeit investiert, um das Landgut wieder auf Vordermann zu bringen. Heute grasen hier Pferde auf der Weide, kehren Übernachtungsgäste aus ganz Deutschland ein, lassen sich (in besseren Zeiten) rauschende Hochzeiten feiern und lädt eine kleine Restauration zum Verweilen und Genießen ein.
Das Landgut ist ein Musterbeispiel für eine biologisch-natürliche und nachhaltige Bewirtschaftung. Das spielt sich auch in der Küche wieder. Hier wird das Motto ausgegeben: „Alles radikal lokal“. Kräuter, Tomaten, Kohl und frische Pilze stammen von der eigenen Scholle, viele weitere Zutaten für die hochwertige Küche kommen von Produzenten aus der Umgebung – etwa die Schafswurst von Schäfer Kolecki.
Neuer Küchenchef ist seit einigen Wochen der Falkenseer Dennis Kühn (28). Er hat bereits in Schloss Ziethen, im Fünf-Sterne-Restaurant „Traube Tonbach“ im Schwarzwald und im Zehlendorfer „Chalet Suisse“ gearbeitet. Nun sorgt er dafür, dass es im Landgut Schönwalde ein „Blanket vom Dorfkaninchen mit roter Beete und Bulgur“, „Ochsenbäckchen mit Rahmkohl und Kartoffelstampf“ oder „Kalbsfilet und -zunge mit Gartengemüse“ gibt.
Inge Schwenger: „Wir möchten – Corona-konform – gern wieder zu Veranstaltungen einladen, bei denen Dennis seinen Küchenstil präsentieren kann. Wir planen so etwa ein echtes Schlachtefest im Freien und ein originales Thanksgiving.“
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Am 16. Oktober ging es zunächst einmal los mit der besonderen Veranstaltung „Bitte ein Pilz“. Schon um zehn Uhr an einem Freitag fanden sich ein Dutzend angehender Pilzfreunde auf dem Landgut ein, um bei zehn Grad Außentemperatur und Nieselregen in die Pilze zu gehen.
Außer Körbchen und Pilzmesser mit dabei – der Brieselanger Pilzexperte Werner Malchow (73), der früher Apotheker war („Da kennt man sich mit Giften aus“) und 40 Jahre Pilzerfahrung mitbringt. Werner Malchow ist offizieller Pilzsachverständiger im „Brandenburgischen Landesverband der Pilzsachverständigen e.V.“ (www.blp-ev.de), der kostenlose Pilzberatungen anbietet. Er machte die angetretenen Pilzsucher mit einem kleinen spontanen Vortrag schlau: „Es gibt etwa 5.000 Pilzarten in Deutschland. Nur 500 von ihnen sind essbar. Pilzgifte sind mitunter tückisch. Beim grünen Knollenblätterpilz wirkt das Gift erst nach Tagen. Es greift die Leber an. Es geht einem schlecht, dann auf einmal besser. Man denkt, man hat alles überstanden, aber eine Woche später ist die Leber völlig zerstört. Daraus folgt: Man nimmt nur die Pilze aus dem Wald mit nach Hause, die man wirklich zu hundert Prozent kennt.“
Werner Malchow berichtete auch von „laufenden“ Pilzen, von Spurenelementen und Vitaminen – und davon, dass Pilze viel Eiweiss, aber gar kein Fett enthalten: „Es sind keine Tiere und auch keine Pflanzen. Sie bilden ihr eigenes Reich.“
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Inge Schwenger kennt die Umgebung vom Landgut wie ihre Westentasche. Und so führte sie die Gäste geschickt zu Wiesen voller Champignons, machte auf eine Parasol-Kolonie im hohen Gras aufmerksam und lotste die Besucher im Wald zu großen Vorkommen an Maronen.
Werner Malchow nutzte die Gelegenheit, um den neugierigen Pilzsuchern den Schopftintling zu zeigen, aus dem man früher Tinte hergestellt hat (und leckere Suppen). Er präsentierte den „Suppenpilz“ Nelkenschwindling, der Hexenringe im Rasen macht. Er wies auf den Kahlen Krempling hin, der früher als Speisepilz galt – bis man herausfand, dass die Menschen nach und nach Allergien gegen ihn entwickeln, die böse enden können. Und er bestimmte Pilze wie den Grünblättrigen Schwefelkopf, den rötlichen Holzritterling, den großen Schneidling („Das Fleisch des Waldes“) und den falschen Pfifferling („kann man ein paar von mitessen“).
Und er warnte: „Wer nach dem Genuss eines Pilzgerichtes erbrechen muss und Durchfall bekommt, kann auch an einer ‚unechten‘ Pilzvergiftung leiden. Dann wurden z.B. gute Pilze zu kurz gekocht, sodass unverträgliche Eiweiße nicht zerstört werden. Oder es wurden zu alte Pilze verwendet, die bereits halb zerfallen sind.“
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Mit der gesammelten Beute ging es zurück ins Landgut – zu einem besonderen Pilz-Kochkurs. Dennis Kühn ließ die Gäste zunächst die Pilze putzen und zerkleinern. Nach Anleitung bereiteten die Besucher dann eine Pilzbutter zu, fertigten eine Pilzkruste an, kochten eine Pilzrahmsoße, legten Pilze ein und machten ein Pilzkompott.
Dennis Kühn: „Ich möchte gern zeigen, dann man Pilze nicht nur frisch verwenden, sondern sie für den späteren Gebrauch auch pulverisieren, marinieren und sogar fermentieren kann. Das kennen viele so noch gar nicht.“
Und in der Tat: Pilze im Ofen zu trocknen, um sie dann im Mixer zu einem staubigen Pulver zu verarbeiten, das war allen Kursteilnehmern neu. Das Pulver peppt Saucen auf, macht Butter lecker und dient dank seines hohen Glutamat-Anteils auch als natürlicher Geschmacksverstärker.
Bei einem Pils vom Faß wurde das gemeinsam Geleistete anschließend verputzt. Auf die Teller kam ein pilziges 3-Gänge-Menü mit einem „klaren Waldpilz-Süppchen mit allerlei Fundpilzen“, „Medaillons vom Wollowina-Rind unter der Pilzkruste und Rahmsoße mit Kürbis und Gartenkartöffelchen“ sowie „Weißes Schokoladenmousse mit Karamel und Wiesenchampignons“.
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Sechs Stunden dauerte die Exkursion in die Pilze. Für alle Teilnehmer war das wie ein kurzer Urlaub. (Text / Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 176 (11/2020).
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Der Beitrag Champignons, Parasole und Maronen: In den Pilzen mit dem Landgut Schönwalde! erschien zuerst auf FALKENSEE.aktuell.